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Overlay-Tools
Der einfache Weg zur barrierefreien Webseite?
Sogenannte Overlay-Tools versprechen eine einfache Möglichkeit, die Barrierefreiheit einer Webseite zu verbessern. Doch was ist ein Overlay-Tool? Kann dieses digitale Hilfsmittel leisten, was es verspricht? Zu welchen Problemen kann der Einsatz führen? Diese Fragen möchten wir mit diesem Artikel beantworten.
Öffentliche Stellen in Sachsen-Anhalt sind gesetzlich dazu verpflichtet, ihre Webseiten barrierefrei zu gestalten. Alle Informationen dazu finden Sie in unserem Artikel zu den Gesetzlichen Grundlagen für Webseiten. Aus dieser Verpflichtung ergibt sich ein großer Bedarf an Wissen zur barrierefreien Gestaltung digitaler Inhalte. In diesem Spannungsfeld aus gesetzlicher Verpflichtung und notwendigem Wissen sind in den letzten Jahren neue Angebote auf dem Markt aufgetaucht. Unternehmen bieten einfache und automatisierte Lösungen zur Verbesserung der Barrierefreiheit von Webseiten an. Diese Softwarelösung heißt Overlay-Tool.
Was ist ein Overlay-Tool?
Ein Overlay-Tool ist eine Software. Sie ändert den Quellcode einer Webseite und soll dadurch die Barrierefreiheit verbessern. Die Anpassungen im Quellcode erfolgen dabei im Browser selbst. Dadurch können vom Nutzenden individuelle Einstellungen zur Zugänglichkeit und Barrierefreiheit der Webseite vorgenommen werden. Die Änderungen überdecken dabei die Originaldarstellung der Inhalte. Daher kommt auch die englische Bezeichnung „Overlay“ für Überlagerung.
Die Einstellungen zu den Funktionen des Overlay-Tools erfolgen in einem eigenen Menü. Dieses Menü kann oft über eine Schaltfläche am Rand der Webseite aufgerufen werden. Innerhalb dieses Tools werden meist eine Vielzahl von Funktionen angeboten. Dazu zählen zum Beispiel Kontrast- und Schrifteinstellungen oder eine Vorlesefunktion.
Overlay-Tools sind für den Betreibenden der Webseite in der Regel kostenpflichtig. Ihre Funktionen stehen nur zur Verfügung, solange die Software in die Webseite integriert ist. Auf dem Markt sind viele Overlay-Tools von verschiedenen Herstellern verfügbar. Die Tools unterscheiden sich in ihrem Funktionsumfang.
Was können Overlay-Tools leisten?
Anbieter von Overlay-Tools versprechen oft einen einfachen, automatisierten Weg, die gesetzlichen Anforderungen an die Barrierefreiheit von Webseiten zu erfüllen. Tatsächlich ist die Einbindung dieser Tools für die Betreibenden von Webseiten meistens sehr einfach. Zudem ermöglicht der Einsatz den Nutzenden, das Erscheinungsbild der Webseite individuell anzupassen.
Das automatische Bereitstellen einer barrierefreien Webseite ist jedoch nicht möglich. Keine Software kann mit dem heutigen Stand der Technik alle gesetzlich geforderten Anforderungen automatisiert überprüfen und bestehende Mängel beheben. Zum Beispiel kann der Sinn einer Textbeschreibung einer Abbildung (ein sogenannter Alternativtext) im Kontext der Webseite nur von einem Menschen beurteilt werden. Gleiches gilt auch für eine sinnvolle Bezeichnung von Links, Überschriften oder Formularfeldern.
Konformitätsanforderungen in den technischen Normen
Die wichtigsten technischen Normen zu den Anforderungen an die Barrierefreiheit von Webseiten sind:
- die Europäische Norm (EN) 301 549 und
- die WCAG.
Weitere Informationen finden Sie in unserem Artikel zu Normen und Richtlinien für Webseiten.
Eine wichtige Anforderung in beiden Normen betrifft die Konformität einer Webseite mit den Barrierefreiheitsanforderungen. Demnach muss eine Webseite oder eine Alternativversion dieser Webseite allen Anforderungen an die Barrierefreiheit genügen.
Aktiviert man in einem Overlay-Tool zum Beispiel den Kontrastmodus, stellt dies eine alternative Version der Webseite dar. Wenn die Originaldarstellung der Webseite nicht barrierefrei ist, muss diese Alternativversion alle Anforderungen an die Barrierefreiheit einhalten. Zudem muss die Alternativversion einfach, schnell und barrierefrei erreichbar sein. Weitere Informationen finden Sie in den Kriterien 5.5.1 „Konformitätsstufe“ und 5.5.2 „Komplette Seiten“ der Konformitätsanforderungen der WCAG 2.1 (externer Link öffnet in englischer Sprache in neuem Fenster).
Die Anforderungen zur Konformität von Alternativversionen in den technischen Normen geben dabei wieder, was die gesetzliche Verpflichtung ohnehin verlangt. Im Interesse der Gleichberechtigung ist die Gestaltung einer Webseite nur dann barrierefrei, wenn sie „in der allgemein üblichen Weise“ erfolgt. Umständliche Sonderlösungen und Umwege sind damit ausgeschlossen.
Nicht notwendige Funktionen
Viele Overlay-Tools bieten Funktionen, die für das Einhalten der gesetzlichen Anforderungen an die Barrierefreiheit nicht notwendig sind. Dazu zählen unter anderem:
- Farbfilter,
- Vorlesefunktionen,
- Ändern der Schriftgröße,
- Kontrastumschalter und Kontrastmodi,
- Ausblenden von Abbildungen und viele mehr.
Diese Funktionen können als Zusatzangebot die Nutzung einer Webseite angenehmer machen.
Die meisten dieser Funktionen sind jedoch auch über Einstellungen im Browser oder im Betriebssystem realisierbar. Dies hat den Vorteil, dass sich diese Einstellungen auf alle Webseiten auswirken und sich dem persönlichen Bedarf anpassen. Demgegenüber betreffen die Einstellungen in einem Overlay-Tool immer nur die eine, betreffende Webseite.
Overlay-Tools verschlechtern die Barrierefreiheit in einigen Fällen
Es kann vorkommen, dass die Aktivierung bestimmter Funktionen eines Overlay-Tools zu einer Verschlechterung der Barrierefreiheit einer Webseite führt. Das haben Prüfungen durch die Überwachungsstellen von Bund und Ländern für die Barrierefreiheit von Informationstechnik ergeben.
In der Praxis führte zum Beispiel wiederholt der Kontrastmodus der Overlay-Tools zu Problemen. Ein aktivierter Kontrastmodus erhöht die Kontrastwerte auf einer Webseite. Meistens wird die Webseite dann mit schwarzem Hintergrund und weißer Schrift dargestellt.
In einigen Fällen führte das Aktivieren des Kontrastmodus zu neuen Barrieren bei verlinkten Abbildungen. So waren statt der Abbildungen nur noch schwarze Flächen sichtbar und der Linkzweck war nicht ermittelbar.
Ist das Overlay-Tool selbst barrierefrei?
Die gesetzlichen Anforderungen an die Barrierefreiheit von Webseiten gelten für alle Inhalte einer Seite. Tests haben jedoch gezeigt, dass die Menüs für die Einstellungen der Overlay-Tools nicht immer barrierefrei sind. Deshalb sollte insbesondere auf folgende Aspekte der barrierefreien Nutzung des Tools geachtet werden:
- Kann das Overlay-Tool vollständig mit der Tastatur bedient werden?
- Ist das Tool mit der Tastatur schnell erreichbar, ohne zum Beispiel sehr oft die Tabulator-Taste drücken zu müssen?
- Sind Funktionen des Overlay-Tools mit aussagekräftigen und erklärenden Bezeichnungen versehen?
- Sind Erläuterungen zu den Funktionen vorhanden und leicht verständlich?
- Ist der Tastaturfokus im Menü des Overlay-Tools immer gut sichtbar?
- Ist der Zustand von Einstellungen (aktiviert/deaktiviert) immer wahrnehmbar?
Fazit zum möglichen Einsatz von Overlay-Tools
Eine vollständig barrierefreie Webseite kann durch ein Overlay-Tool zusätzliche Funktionen bereitstellen. Demgegenüber ist es bisher jedoch nicht möglich, eine nicht-barrierefreie Webseite durch den Einsatz eines Overlay-Tools barrierefrei anzubieten.
Eine gesetzeskonforme Umsetzung der Webseite einer öffentlichen Stelle kann deshalb nur erreicht werden, wenn die Anforderungen grundsätzlich und von Anfang an beachtet werden. Nutzen Sie dafür unseren Leitfaden für die Ausschreibung barrierefreier Webseiten.
Weitere Informationen
- Einschätzung der Überwachungsstellen des Bundes und der Länder für die Barrierefreiheit von Informationstechnik zur Verwendung von Overlay-Tools (externer Link öffnet in neuem Fenster)
- Stellungnahme des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes (DBSV) zu Overlay-Tools (externer Link öffnet in neuem Fenster)
- Behindertengleichstellungsgesetz Sachsen-Anhalt (externer Link öffnet in neuem Fenster)
- Behindertengleichstellungsverordnung des Landes Sachsen-Anhalt (externer Link öffnet in neuem Fenster)
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Oliver Meier
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